Page 16 - Emsteker Nachrichten
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Straßennamen
„Ein wahrer Seelsorger“
Emstek (mm). „Mutig, lebhaft, ein wahrer Seel- Vechta übernahm er auch
sorger“, so wird Franz Vorwerk von Menschen die Leitung des Oldenbur-
beschrieben, die ihn als katholischen Geist- ger Caritasverbandes, war
lichen zwischen 1910 und 1963 kennengelernt Vorsitzender des Münster-
haben. ländischen Volksheilstät-
tenvereins (Bekämpfung
Überregional Bekannt wurde Franz Vorwerk der Tuberkulose), Verwalter
durch seine Arbeit als bischöflicher Offizial der Lungenheilstätte in
in Vechta in der Zeit von 1933 bis 1940. In Neuenkirchen, Fürsorge-
dieser Zeit war er inspektor des Jugendamtes
oberster Vertreter Vechta, Landesgeschäfts-
des Bischofs für den führer des Volksvereins für
Oldenburger Teil das katholische Deutsch-
des Bistums Müns- land und Bezirkspräses
ter. 1936 kämpfte er der katholischen Arbeiter-
mit allen ihm zur vereine des Landes Olden-
Verfügung stehenden Mitteln gegen den so- burg. Daneben erteilte er Franz Vorwerk rechts neben Kardinal von Galen bei dem feierlichen Empfang des
genannten Kreuzerlass der Nationalsozialisten ab 1929 auch noch Reli- neuen Kardinals in Münster am 16. März 1946. Fotos: Archiv Markus Meckelnborg
und gegen die Aufhebung des konfessionellen gionsunterricht am Vechtaer
Charakters der Volksschulen im Oldenburger Gymnasium. übernahm die Aufgaben des Offizials in Vechta.
Münsterland ab Ende 1937. Durch seinen Mut Franz Vorwerk wurde residierender Domka-
und seinen unermüdlichen persönlichen Nach dem Tod des Offizials Lambert Meyer im pitular in Münster. Aber auch dieses Amt war
Einsatz in dieser Zeit erwarb er sich großen Re- Februar 1933 übernahm Franz Vorwerk die Auf- den braunen Machthabern nicht genehm. Auch
spekt und Anerkennung weit über die Grenzen gaben des Offizials zunächst kommissarisch, wenn es faktisch keine rechtlichen Möglich-
des Oldenburger Land hinaus. bevor Bischof Clemens August Graf von Galen keiten gab, gegen den neuen Domkapitular
ihn am 6. Dezember 1933 offiziell in das Amt vorzugehen, verhaftete die Gestapo Franz
Geboren wurde Franz Vorwerk am 25. Oktober des bischöflichen Offizials in Vechta einführte. Vorwerk am 4. Mai 1941 und schickte ihn in die
1884 als drittes von sechs Kindern des Bauern Verbannung nach Brüel in Mecklenburg, wo es
Heinrich Nikolaus Vorwerk und seiner Frau Schon bald darauf begannen die ersten Aus- weder eine katholische Kirche noch Katholi-
Anna Maria Sophia Elisabeth geb. Hüsing. Vater einandersetzungen mit der nationalsozialis- ken gab. Dort musste Franz Vorwerk bis zum
Nikolaus Vorwerk war von tischen Landesregierung in Oldenburg, die Kriegsende bleiben, bevor er nach Münster
1900 bis 1917 auch Bür- sich bis zum Sommer 1936 stetig zuspitzten. zurückkehrte.
germeister von Emstek. Es ging um die kirchliche Beaufsichtigung des
Nach der Volksschule in Religionsunterrichts in den Schulen, die im In der Zeit der Verbannung hatte Franz Vorwerk
Emstek besuchte Franz Juli 1936 durch ministerielle Verfügung neu nur Kontakte zu Protestanten. Seelsorglich tätig
Vorwerk das Gymnasium geregelt worden war. Der Kreuzerlass vom wurde Franz Vorwerk wieder, als die ersten
Antonianum in Vechta November 1936 offenbarte dann endgültig die katholischen Flüchtlinge in Brüel eintrafen.
und legte dort 1906 seine Stoßrichtung der Schulpolitik und brachte das Und nach dem Ende des Krieges sah er zu-
Reifeprüfung ab. Nach Fass zum Überlaufen. Über die Kanzeln der ka- nächst hier seine weitere Aufgabe. Erst als ein
dem Studium der Theo- tholischen Kirche informierte der Offizial Franz geflüchteter Priester diese Aufgabe überneh-
logie wurde er am 21. Mai Vorwerk die Katholiken über das Vorgehen der men konnte, entschloss sich Franz Vorwerk
1910 im Dom zu Münster Nationalsozialisten und verursachte damit ein im Herbst 1945, die Rückkehr nach Münster
von Bischof Hermann Aufbegehren der Bevölkerung. Dieses führte zu wagen, wo man ihn bereits für tot gehalten
DomkapitularFranz Vorwerk Dingelstad zum Priester schließlich zur Rücknahme des Erlasses noch hatte, nachdem es lange Zeit keinen Kontakt
geweiht. Nur wenige im selben Monat. gegeben hatte.
Wochen später trat er seinen ersten Dienst als
Vikar in Oldenburg an. Neben seiner Aushilfe Mit diesem Erfolg für den Offizial und für Es folgte 1946 die Ernennung zum Päpstlichen
in der Pfarr- und Militärseelsorge war er auch die Katholiken im Oldenburger Münsterland Hausprälaten. Im selben Jahr wird er zum Kapi-
als Gefängnisseelsorger und in den Heil- und begann auch der Rachefeldzug der National- tularvikar gewählt. Nach dem Tod Kardinal von
Pflegeanstalten Wehnen tätig. sozialisten gegen Franz Vorwerk. Erst gab es Galens und nach dem Ableben des Kapitularvi-
unzählige Verleumdungsaktionen gegen ihn, kars Dr. Meis leitete Franz Vorwerk das vakante
Während des 1. Weltkrieges war Franz Vorwerk dann wurde ein Schulstreik 1938 in Golden- Bistum Münster bis zur Einführung des neuen
zunächst als Lazarettpfarrer bei Lüttich in stedt zum Vorwand genommen, um den Offizial Bischofs Michael Keller im Oktober 1947.
Belgien tätig und nahm unter anderem an der am 30. Juni 1938 aus dem Land Oldenburg aus- Als Senior des Domkapitels starb Franz Vorwerk
Marneschlacht teil. Später als Divisionspfarrer zuweisen. Er wurde zwangsweise nach Münster am 12. November 1963 nach langer Krankheit
der 82. Reservedivision führte ihn der Krieg an gebracht. in Münster, wo er auf dem Domherrenfriedhof
die Ostfront und später auch zu den grausa- beigesetzt wurde.
men Stellungskriegen bei Verdun in Frankreich. Da die Leitungstätigkeit für den Offizial von
Schon im März 1918 kehrte er auf besondere Münster nahezu unmöglich war, verzichtete Neben Emstek gibt es auch in Vechta eine
Anforderung hin nach Oldenburg zurück. 1926 Franz Vorwerk auf dieses Amt und Dr. Johannes Straße, die den Namen dieses verdienten
wurde er Gefängnisseelsorger in Vechta. In Pohlschneider, der spätere Bischof von Aachen, katholischen Geistlichen trägt.
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